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Ein Tag wie eine Woche

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Lesevergnügen
"Tonight you will be on Facebook"
Es ist der Tag der Umleitungen, Überleitungen und Begleitungen. Meine heutige Tour beginnt dort, wo ich gestern aufgegeben habe. An einer Umleitung. Ich stehe vor einer Durchfahrtssperre und überlege ob ich diese einfach mal für einen Moment zur Seite schiebe und ganz unauffällig durch husche. Da mein Niederländisch leider nicht für die Erklärung auf dem Umleitungsschild reicht, versuche ich es doch lieber erstmal mit warten und nichts tun. Überraschender Weise scheint es zu helfen. 2 Minuten später hält ein Mann neben mir an und überlegt ebenfalls dem guten Schild ein neues Zuhause einem Meter weiter rechts zu geben. Doch nach dem spontanen Erhalt zugerufene Information einiger uns kreuzender Jugendliche, verwirft Michael (wie er sich kurze Zeit später vorstellen wird) seinen Plan. Seine Kurzzeitlösung ist Schokolade - er bietet mir eine Praline an - die Lösung für den Weg heißt dann doch leider zurück fahren. Das erste Mal, dass ich umdrehen muss. Allerdings werde ich dieses Mal begleitet - und wie sich herausstellen wird, ist diese Begleitung auch meine ungeahnte Rettung. Auf den nächsten 10km scheinen jegliche Straßen erneuert, ausgebaut oder verschönert zu werden - wohin das Auge sieht Umleitungen und farbenprächtige Durchfahrtssperren. Ein Traum für die Reise mit einem 50kg schweren Fahrradwohnwagen. Ich sehe mich schon neben einer Baustelle übernachten, als Michael mir anbietet, sein heutiges Tagesprogramm auf morgen zu verschieben und mich bis zur Fähre durch alle Baustellen zu begleiten. Und um das Glück noch unfassbarer zu machen, er kennt sich nicht nur mit der Gegend sondern auch mit der Fotografie der Gleichen aus. Während ich mal wieder nicht ganz realisieren kann, was ich für ein Glück habe, sehe ich zu, wie Michael bei der nächsten Baustelle seine komplette Kameraausrüstung auspackt und das sandige Abendteuer meiner Reise auf einen digitalen Datenträger bannt. Weitere Brückenüberquerungen und Baustellen folgen bis wir gemeinsam einen Mini-Bootsanleger mit ebenso kleinem Cafe erreichen. Alle Stühle sind besetzt und ich fühle mich wie eine Schauspielerin, die zu ihrer Filmpremiere vorgefahren wird und ihre Fans den Empfang bereits sehnsüchtig erwarten. Es sind ca. 20 ältere Menschen (70+) dort versammelt, die vollkommen verzückt mit Tablets und Smartphones ebenfalls meine Reise bzw. meinen Reisegefährten dokumentieren. Ein Herr um die 85 kommt mit der Kamera in der Hand auf mich zugelaufen  - während er weiter auslöst ruft er mir zu „Tonight you will be on Facebook“ und lacht. Mir fehlen die Worte, aber nicht das Lachen. Auf die skurrile und höchst amüsante Situation wird erstmal ein Kakao getrunken - ich lade Michael zu einem Getränk ein und er lädt mir seine Bilder auf meinen Rechner ;). Nach einem weiteren Kakao kann die Reise weitergehen - eine kleine Fähre legt an. Mhhh, ich vermute, dass das kleine Schiff noch nicht so viele Fahrrad-Wohnwagen gesehen hat - sein Eingang ist in der Horizontalen nicht passierbar und auch in der Vertikalen oder besser gesagt Diagonalen komme ich so grade mal aufs Boot. Jetzt sind der Hänger und ich zwar irgendwie drauf, aber es kommt kein anderer mehr durch. Während sich bei mir gerade ein schlechtes Gewissen einstellen will, lacht der Kapitän und freut sich über den unerwarteten Fahrgast - für ihn ist es kein Problem eine Tour nur mit uns zweien zu machen. Wir legen ab - auf der anderen Seite bleibt Michael zurück der auch diese Überfahrt für mich mit der Kamera festhält. Vielen vielen Dank dafür und für all deine Hilfe! Nach 5 Umleitungen, 3 weiteren Fähren und unglaublich schönen von Wasser eingerahmten Landschaften später erreiche ich Goëngahuizen und den wunderschönen Campingplatz ‚De Polle‘ (http://www.depolle.nl/de/fotoalbum/). Ich werde herzlich von der Besitzerin empfangen - sowas hat sie noch nicht gesehen. Während sie begeistert von dem Fietscaravan mir das schönste Plätzchen auf dem Campingplatz zeigt, nimmt auch meine Begeisterung und die unerwarteten Freuden des Tages kein Ende. Kaum habe ich mein rollbares Zuhause direkt am Wasser bezogen, kommen meine neuen Campingnachbarn Maurice, Cor und Jan wohlgelaunt auf mich zu und laden mich zum Barbecue ein. Wie sich im Laufe zahlreicher Angel-Anektdoten herausstellt sind Maurice, Vor und Jan die „V.V.V.V.V.V.V.V.V.V.“ (Erklärung: Valkenswaardse Vis Vereniging Veel Vis Vangen Vergt Veel Vakmanschap) - ein hochkreatives Männergespann, das sich seit 1979 1/2 einmal im Jahr zum lustigen „Wer-fängt-am-meisten-Fische-und-wirft-sie-danach-wieder-ins-Wasser“ trifft. Es gibt ein ähnliches System wie bei der Tour de France - einen gelben Hut, der vom gesamtführendem Angler getragen wird und eine weitere Capi, die den Tagessieger ehrt. Am „Gelben Hut“ sind Embleme der letzten 36 Jahre angebracht und jedes erzählt seine Geschichte - einige dieser trage ich jetzt in und mit mir - ohne Hut ;)